Mirko, die Flugsau
Wie alles begann...
Seit ich denken kann, bin ich von der Fliegerei begeistert - andere sagen auch besessen...
Wer schon im Kinderwagen jedem Flugzeug hinterher schaut, bei dem kann ja etwas nicht stimmen.
Die von mir gebauten Papierschwalben, Düsenjäger oder sonstige Flieger haben bestimmt die 10.000er Marke erreicht.
Nach und nach wurden die Modell-Segelflugzeuge immer größer und bekamen irgendwann die erste, vom Zeitungsaustragen finanzierte, Fernsteueranlage.
Wenn man sich alles selbst beibringen muss, bleiben die Misserfolge natürlich auch nicht aus...
Wenn man Freunden den Crash eines Modells beichtet, bekommt man höchstens zu hören: Kein Wunder, so wie du fliegst...
Manchmal schlägt man auch sehr seltsame Wege ein, weil man es ja nicht besser weiß oder sich nicht traut, die Rumpfspitze abzuschneiden,
damit ein Elektromotor den Segler in Zukunft auf Höhe bringen soll. Dann wird kurzerhand der Motor oben auf dem Rumpf platziert.
Damit fängt man sich dann wieder eine ganze Menge unvorhergesehenen Ärger, mit einem Strömungsabriss am Pendelhöhenruder ein,
weil das Ruder zu klein und der Ausschlag zu groß ist. Ebenso kann man so auch auf die Idee kommen, dass ein Servo durchaus als Fahrtenregler
herhalten kann, wenn man ihm an die Seite eine Kupferplatte klebt und den mit einem Kontakt versehenen Servoarm einfach dagegen laufen lässt.
Die dabei entstehenden Funken stören durchaus den Empfänger der Fernsteuerung, oder kokeln andere Teile im Rumpf an. Aber das merkt man
erst später...
Es gibt ein Modellflugzeug, das die Hauptschuld daran trägt, dass ich den Namen
Flugsau verpasst bekam. Ich rede von meinem Zaunkönig.
Er hat gerade mal eine Spannweite von knappen 42 cm und trotzdem, oder gerade deshalb, hat er es in sich. Ich hatte bisher noch kein anderes Modellflugzeug,
welches auch nur annähernd so giftig geflogen ist. Anfangs war er überhaupt nicht zu beherrschen. Nachdem ich den Schwerpunkt nach und nach
vorverlegt hatte, wurde es insofern besser, als dass nicht jeder Flug mit einem Absturz endete. Nachdem der Schwerpunkt an der Nasenleiste "angekommen" war,
ließen sich auch "normale" Landeanflüge durchführen. Was aber nicht heißt, dass die Landungen dann auch automatisch gut wurden. Man
kann nun mal den Motor nicht per Fernsteuerung drosseln oder abschalten, dass regelt ganz alleine die Spritmenge. Ist der Sprit leer, dann bleibt der Motor
einfach stehen. Nach der ungefähren Zeit kann man sich aber auch nicht richten, weil der Motor auch gerne ohne besonderen Grund einfach so stehen bleibt.
Wenn er dann mal steht, ist der Gleitwinkel dieses Fliegerchens wirklich eins zu plumps...
Eine dieser eben angesprochenen Landungen endete direkt zwischen den Beinen eines Vereinskollegen. Er war schon etwas verdutzt, wetterte dann aber gleich los:
Wenn ich sein Modell getroffen hätte, vor dem er stand, dann wäre die Hölle los gewesen. Was passiert wäre, wenn ich IHN getroffen
hätte, davon hat er nicht gesprochen... aber ich hatte den Namen
"Flugsau" endgültig weg!
Bei dem Modellfliegen sollte es nicht bleiben.
Drachen- und Segelfliegen war angesagt.
Drachenfliegen
Auf der Wasserkuppe hatte ich schon früher Drachenflieger gesehen und wollte diese Art des Fliegens probieren. Glücklicher Weise hat meine
damalige Freundin mitgezogen und sich mit mir gemeinsam an einer Flugschule angemeldet.
Aller Anfang ist schwer. So "durften" wir auf dem Südhang der Wasserkuppe unsere Laufübungen in dem flachen Bereich absolvieren.
Darum war an ein Abheben mit diesen alten Schulgeräten natürlich nicht zu denken, zuerst musste das Gerät sicher beherrscht werden.
Der Sport bestand dann aus dem Zurücktragen oder bei mir mangels Kraft aus dem zurück schieben. Und wie das mit schlechten
Gewohnheiten so ist:
Auch heute ziehe ich meinen Drachen noch am Kielrohr hinter mir her, wenn ich hin nach der Landung zum Abbauplatz bringe. Noch ein Grund mehr, auch in Zukunft
nicht auf die Räder zu verzichten.
War der Fluglehrer mit den Startübungen soweit zufrieden, durften wir immer ein paar Meter den berühmten "Südhang" höher gehen um unsere
Laufübung zu beginnen. Der Enthusiasmus ist auf dem Bild recht gut zu sehen. Hier wird sich sprichwörtlich ins (Gurt-) "Zeug" gelegt um den Drachen zu beschleunigen.
Ein Fluglehrer hat damals den Spruch gerissen: Nur wer sich vornimmt, bis in das Tal mit dem Drachen zu rennen, wird ein guter Starter werden. Das ist
nach wie vor auch heute noch mein Grundsatz. Die letzten drei oder vier Meter werden in der Luft gerannt.
Das ist dann der Lohn der Mühe.... Mirko fliegt! Zu mir kommen öfter Leute die das Fliegen toll finden, doch sie sagen für sie wäre es nichts,
weil sie Höhenangst haben. Wenn sie sich auch so geschunden hätten, würden Sie sich um jeden cm Flughöhe freuen. Viel mehr ist es Anfangs ja nicht!!!
Darf man schließlich den Übungshang so hoch, dass man in einen Meter Höhe fliegt, hat man Blut geleckt und will noch mehr. Der Schritt zu
zwei Metern und von dort zu drei, 5 oder 10 Metern ist nicht mehr groß. Beherrscht man das sicher, stehen 50 Meter auf dem Programm und man ist länger
als nur zwei bis drei Sekunden unterwegs.
Der L-Schein war geschafft, das erste eigene Gerät musste her. Es sollte der Impuls 14 sein. Die Maschine hatte die besten
Flugeigenschaften aller Geräte die ich bis heute geflogen bin. Wäre da nicht die schlechte Gleitzahl, würde ich heute noch einen Impuls fliegen. Hier sieht man einen
meiner ersten Starts in den Alpen zur A-Schein Ausbildung. Das weiße im Bild ist wirklich noch Schnee. Denn nur die Harten kommen in den Garten. ;-)
Ein paar Füge später hatten wir eine kräftige Briese auf der Landewiese und ich habe die Grenzen des Impulses kennen gelernt. An eine normale
Landeeinteilung war nicht mehr zu denken. Ich kam einfach gegen den Wind nicht mehr an. Also positioniert man sich über den Landepunkt und wartet darauf
genügend Höhe verloren zu haben um sich einfach auf die Beine plumpsen zu lassen. So ein Landeanflug macht noch richtig Spaß, das Abbauen
bei diesem Wind jedoch nicht.
Mein normaler Landeanflug sieht jedoch so aus, dass ich im Endanflug den Drachen in ca. Kniehöhe ausschweben lasse. Da die
Geschwindigkeit immer mehr zurückgeht, muss dem entsprechend der Anstellwinkel kontinuierlich vergrößert werden um die Höhe zu halten. Wenn der
Punkt gekommen ist, bei dem die Flughöhe mit einer Anstellwinkelvergrößerung nicht mehr zu halten ist, dann wird ruckartig der Drachen "ausgestoßen".
Bei dem Ausgestoßen wird der Anstellwinkel so ruckartig vergrößert, dass die Strömung komplett abreißt. Das bedeutet, dass der Auftrieb
nach dem Strömungsabriss in sich zusammenbricht. Normalerweise passiert das eine halbe bis eine Sekunde nach dem ausstoßen des Drachens. In der kurzen
Zwischenzeit produziert der Drachen noch einmal verstärkt Auftrieb und hebt ihn an. Diese Zusatzhöhe reicht aus um meine angewinkelten Beine auszuklappen.
Darum falle ich in der Regel aus ca. 10 cm auf die Füße. Und wieder ist ein hoffendlich schöner Flug zu Ende.
Die ersten Füge mit Thermikausnutzung haben auch nicht lange auf sich warten lassen. Das man aber mit einem Impuls ein Gleitschirm in der
Thermik auskurbeln kann, habe ich damals sehr genossen. Auch hier kamen damals schon erste Sprüche über meinen Flugstil auf. Komischer Weise konnten außer mir
nur unser Fluglehrer und ein fast "Einheimischer" das Gipfelkreuz des markantesten Berges dieser Region überfliegen. Das war mein erster Flug mit dem gerade
bestandenen A-Schein.
Wer mehr Leistung haben will muss leiden, oder so ähnlich...
Nach dem Impuls habe ich mir den Merlin 133 von Seedwings gekauft.
Die Maschine erfüllt alle Träume, wenn da nicht das Aufbauen wäre. Das habe ich bis heute noch nie alleine geschafft. Aber einmal aufgebaut ist
der Start, das Fliegen, die Flugleistung und die Landungen ein Genuss.
Bergstart in Italien (Feltre)
Rampenstart in Slowenien
Windenstart in Thüringen (Crawinkel)
Vor einiger Zeit habe ich mich schweren Herzens von meinem geliebten Merlin verabschiedet. Laut Manfred (Chef bei Seedwings) sollte meine
neue Maschine genauso treu zu mir stehen wie der Alte...
Insider wissen wovon ich rede und wissen auch, dass die meisten anderen Drachen auf so eine "Misshandlung"
eingeschnappt reagieren. Es war jedenfalls Zeit mir ein Gerät zuzulegen, mit dem auch der Aufbau wieder Spaß macht.
Ich darf jetzt einen Spider 14 mein Eigen nennen. Optisch und verarbeitungstechnisch ein Augenschmaus. Allerdings hat der Drachen
auch einen Trotzkopf oder Eigenleben. Das habe ich dann gleich bei dem ersten Flug von einem Übungshügel zu spüren bekommen.
Der Wind war recht stark und sehr bockig, also nicht so ideal für einen Erstflug. Dazu kam auch noch, dass ich viel zu heftig die sehr
großen Schräglagen "überkompensiert" habe. Das zu allem Überfluss der Schwerpunkt auch noch viel zu weit
hinten war, lässt auf einen "spaßigen" Flug schließen. Mittlerweile haben wir beide uns gut angefreundet und wollen
uns nicht mehr missen!
Ende Juli 2007 war ich dann zum ersten Mal auf einem Wettbewerb, wenn auch nur als Helfer. Nebenbei habe ich mit dem UL-Schleppschein
angefangen und im Alten Lager meine ersten Winden- und UL- Schlepps mit dem Spider geflogen. Ein nochmaliges kopflastiges Trimmen und etwas Eingewöhnung
brachte dann den gewünschten Erfolg.
Der Drachen fliegt schon so wie er soll, man muss ihn nur lassen...
Kurz nach dem Morgengrauen die ersten Starts hinter dem UL. Jetzt ist die Luft noch ruhig. Wackler und andere Ungenauigkeiten sind
Pilotenverschuldet. Somit gibt es keine Ausrede, warum man das Seil schon in 200 Meter statt in 500 Meter Höhe abgeworfen hat, außer "ich habe es es verbockt und probiere es noch einmal".
Des Rätsels Lösung war bei mir dann die, aufhören mit dem vielen Steuern, dadurch wird es nur schlimmer!
Nach einigen Flügen hat man etwas Routine bekommen und die Starts klappen dann auch wie gewünscht. In knappen 5 Meter Höhe sollte man
"einrasten" also mit Vollgas auf konstanter Höhe dem UL hinterherfliegen, bis es auch abhebt. Dann gehts schön hinterher bis der Pilot vorne
das vereinbarte Zeichen zum Ausklinken gibt. Eine Ausnahme gibt es, wenn man durch eine starke Termik geschleppt wird. Dann nutzt man doch lieber den kostenlosen Lift...
Segelfliegen
Im Studium bin ich zur Akaflieg Darmstadt gekommen. Dort entwickeln, bauen, fliegen die Studenten noch selbst ihre Ideen. Akafliegs haben
eine lange Tradition in der Fliegerei. Zum einen waren viele große Entwickler früher selbst in einer Akaflieg und zum anderen ist der Grundgedanke neue Ideen in die
Realität umzusetzen vorherrschend. Es besteht nicht aus wirtschaftlichen oder anderen Interessen ein Zeitdruck, schnell den neuen Typ Marktreif machen zu müssen. Die gebauten
Flugzeuge bleiben in aller Regel Einzelstücke, sprich Prototypen.
In der Zeit, in der ich in der Akaflieg war, wurde entschieden, dass die D-43 ein Schulungssegler werden sollte. Die nebeneinander liegenden
Sitze hatten sich in der D-41 bewährt, waren somit also klar. Es wurden die Ober- und Unterschale des Rumpfes hergestellt. Neben dem Bau der D-43 wurden
aber auch noch kleinere Reparaturen notwendige Checks an den vorhandenen Seglern durchgeführt. z.B. war die D-40 in dem Geschwindigkeitsbereich stark
eingeschränkt weil die Querruder ansonsten flattern könnten. Deshalb wurden im Stepp eins Gewichtsausgleiche geschaffen, die ein Flattern verhindern.
Im Stepp zwei sollten komplett neue Querruder gebaut werden.
Dann gab es dort noch das Soteira Projekt:
Das ist ein Piloten Rettungssystem, das den Piloten im Notfall in sehr
kurzer Zeit weit genug vom Segelflugzeug weg bringt um sicher am Fallschirm landen zu können. Dazu wird die Kabinenhaube abgeworfen und der hinter
den Holmen befindlicher Mörser schießt eine Rakete aus dem Rumpf, die an einem Seil den Piloten aus dem Flugzeug ziehen soll. Ist das Seil zwischen
Rakete und Piloten straff, zündet sie und zieht den Piloten aus dem Flugzeug. Das Bild ist bei einem Auszugsversuch auf einem Bundeswehr
Schießstand entstanden. Dazu wurde die Rakete mit ausgezogenem Seil über dem Piloten montiert und aus der Ferne gezündet. Mit mehreren
Hochgeschwindigkeitskameras und Kraftmessdosen bzw. Beschleunigungsmessern in dem Pilotendummy wurden die relevanten Daten aufgezeichnet. Ziel soll
es ja sein, ihm das Leben bzw. seine Gesundheit zu retten und nicht durch zu hohe Belastungen beim Rettungsversuch zu nehmen.
Ein weiteres Thema war die passive Sicherheit der Segelflugzeuge. Darunter versteht man Dinge wie z.B. die Knautschzone bei einem Auto.
Leider kann man ein Segelflugzeug und ein Auto höchstens vom Preis her miteinander vergleichen...
Das Problem liegt hauptsächlich darin, das der Pilot in der Knautschzone sitzt und man deshalb diese sich nicht komplett zusammenfalten
lassen kann, wie es in einem Auto passiert. Ein Segelflugzeug muss im Fall eines Unfalls auf wenigen cm von weit über 100 Km/h auf
Stillstand abgebremst werden. Dazu kommt, dass im Flugzeugbau das Gewicht eine wichtige Rolle spielt und fast kein Platz für ein Sicherheitssystem
besteht. Alles in allem sind die Vorraussetzungen nicht die Besten.
Hier setzt meine Diplomarbeit an. Ich habe gemeinsam mit dem Herrn Waibel
(ehem. Chefkonstrukteur des Segelflugherstellers Alexander Schleicher in Poppenhausen)
ein Sicherheitssystem konstruiert, das dem Piloten eine reelle Chance gibt, so einen Unfall zu überleben.
meine Diplomarbeit
Ziel der Arbeit war es, ein Sicherheitscockpit zu entwickeln, in dem die Piloten eine reelle Chance haben, einen Crash zu überleben. Nach der
Analyse der Unfallszahlen und Unfall- Hergänge war schnell klar, dass ein Absturz aus niedriger Höhe (Start bzw. Landeanflug)
mit einem Winkel von ca. 45 Grad in den Boden die Auslegungs- Grundlage sein würde. Das ist eine häufige und für die
Struktur des Segelflugzeugs die kritischste Situation.
Zuerst musste möglichst einfach und schnell die Geometrie des Segelfluzeugrumpfes einzugeben sein. Der Rumpf sieht aus wie eine in
alle Richtungen elliptische und verzerrte Keule. Wegen dieser komplexen Form wählte ich das AutoCAD als Programmierumgebung. Hier konnte man sehr einfach mit den
CAD Werkzeugen die 2D Konturlinien in der Draufsicht und Seitenansicht zeichnen. Mit deren Hilfe und einer weiteren Linie, die in der Seitenansicht die
Stelle der größten Breite am Rumpf zeigte, lässt sich mit minimalen Aufwand die 3D Form des Rumpfes erzeugen.
Als die Form des Rumpfes in 3D vorhanden war, wurde er in viele kleine Rechtecke, die so genannten FE- Elemente zerlegt. Dabei wurden die
Rechtecke an der Rumpfspitze sehr klein und nach hinten immer größer werdend definiert. Die Verteilung selbst, lässt sich am einfachsten
durch eine verzerrte y=1/x Funktion erstellen. In diesem Fall wurden die Randpunkte und der y- Wert des mittleren Kontrollpunktes fest über
die gewünschte Anzahl der FE- Elemente und der Länge des Rumpfes definiert. Der noch freie x-Wert des Kontrollpunktes steuert somit die
Verteilung aller FE- Elemente über die x- Achse.
wird fortgesetzt!!!
letzte Aktualisierung
am: 06.07.2006